Trotz aller Hygienevorschriften sind bei den Ringern des ASV Urloffen Bundesliga-Kämpfe vor bis zu 350 Zuschauern möglich. Mit Neuzugang Florian Neumaier gelang den „Hornets“ ein echter Transfer-Coup.

 

Es fühlt sich jetzt schon wie eine Ewigkeit an, seit die Ringer zuletzt für Wettkämpfe auf die Matte durften. In den südbadischen Klassen geht das Warten nach der Absage aller Kämpfe von der Oberliga abwärts sogar noch ein ganzes Jahr weiter. Umso glücklicher ist man beim ASV Urloffen, dass sich in der Bundesliga genügend Mannschaften gefunden haben, um eine Runde durchzuführen. „Unsere Sportler brauchen den Wettkampf, sie wollen sich messen. Diese Erfahrungen kann kein Training ersetzen“, sagt ASV-Trainer Michael Schneider, der sich seit Beginn der Corona-Zwangspause stark für die Rückkehr der Ringer-Wettbewerbe eingesetzt hat. „Alle anderen Sportarten kriegen es auch auf die Reihe. Ich verstehe nicht, warum es bei uns so kompliziert ist“, ärgert er sich.

Drahtseilakt

Beim Rückzug anderer Mannschaften wurden vor allem finanzielle Aspekte als Grund aufgeführt. Auch in Urloffen spielt das eine große Rolle. Deshalb kämpfen die Verantwortlichen täglich darum, die Bundesliga-Heimkämpfe vor Zuschauern durchführen zu dürfen. „Wir brauchen die Zuschauereinnahmen. Wenn in der ganzen Runde gar keine Fans erlaubt wären, würde es auch bei uns keinen Sinn machen“, gesteht Vorstandssprecher Ralf Sauer. Um dies zu vermeiden, ist er im ständigen Dialog mit der Gemeinde Appenweier. „Es ist schon ein ziemlicher Drahtseilakt. Wir wollen unbedingt vor Zuschauern ringen und gleichzeitig die Hygienevorschriften genau einhalten“, berichtet Sauer. Deshalb hat der ASV ein detailliertes Hygienekonzept für bis zu 350 Zuschauer plus Helfer pro Heimkampf entwickelt. In normalen Jahren besuchen regelmäßig zwischen 750 und 1000 Fans die Wettkämpfe in der Athletenhalle „Wir haben alles mit der Gemeinde abgestimmt, es wurde geprüft und abgenommen. Die Zuschauer können sich bei uns sicher fühlen“, verspricht er.

Rein sportlich gesehen stehen die Meerrettichdörfler vor einer hochattraktiven Saison. „Die meisten Vereine werden auf ihre ausländischen Ringer verzichten müssen. Das machte die Sache extrem spannend“, prophezeit Schneider. Auch dem ASV fehlen dadurch etablierte Siegringer wie der Russen Aleksei Kinzighaliev oder die beiden Ungarn Adam Varga und Laszlo Szabo. Aber den „Hornets“ gelang ein echter Transfer-Coup. Mit dem Mühlenbacher Florian Neumaier, dessen Verein TuS Adelhausen frühzeitig den Verzicht auf die Saison bekanntgegeben hatte, geht ein fünffacher deutscher Meister mit großer internationaler Erfahrung für den ASV auf die Matte. „Ich wollte Florian schon seit vielen Jahren nach Urloffen holen. Toll, dass es endlich geklappt hat“, jubelt Schneider.

Chance für Talente

Auf das Kinzigtäler Kraftpaket angesprochen, gerät der Trainer richtig ins Schwärmen: „Florian ist ein absoluter Vorzeigeathlet und dazu noch ein großer Sympathieträger. Für mich einer der Top-Sportler überhaupt aus der Ortenau. Bei ihm weiß man zu hundert Prozent, was man bekommt. Es macht uns sehr stolz, dass er für Urloffen ringt. Er ist ein Leader, zu dem vor allem unsere jungen Ringer aufschauen können.“ Schneider hofft, dass Neumaiers Auftritt kein Gastspiel für nur eine Saison bleibt. „Vielleicht können wir ihn überzeugen, dass Urloffen der richtige Standort für ihn ist“, wünscht sich der Coach.

Neben Neumaier findet sich im ASV-Kader eine vielversprechende Mischung aus Top-Talenten und erfahrenen Athleten. „Stefan Käppeler oder Marius Atofani sind seit vielen Jahren feste Bestandteile bei uns“, erläutert Schneider. Auf der anderen Seite werden Nachwuchsringer wie Joshua Knosp, Andrej Schwarzkopf, der erst 15-jährige David Kiefer oder die Megerle-Brüder Nico und Luca regelmäßig zum Einsatz kommen. „Natürlich werden sie es manchmal schwer haben“, weiß der Trainer, „aber sie entwickeln sich hervorragend und werden von jedem Bundesliga-Kampf profitieren.“

Start gegen deutschen Vizemeister

Gleich beim Saisonauftakt am Samstag (19.30 Uhr) wartet mit dem deutschen Vizemeister KSV Köllerbach die ultimative Herausforderung auf die Urloffener. „Wir müssen abwarten, mit wem sie kommen“, sagt Schneider: „Wenn sie keine Ausländer dabei haben, sind wir auf Augenhöhe. Ansonsten wird es schwer.“ Aber selbst eine Auftaktniederlage gegen den großen Favoriten würde nichts am Saisonziel des ASV ändern. „Wir möchten in die Playoffs, das ist die klare Vorgabe“, so der Coach. Dafür ist nach den zehn Kämpfen mindestens der dritte Tabellenplatz notwendig. „Man kann davon ausgehen, dass Köllerbach am Ende vorne ist. Aber dahinter ist alles offen“, prophezeit Schneider und rechnet vor allem mit der RKG Reilingen-Hockenheim und dem südbadischen Rivalen RKG Freiburg als Konkurrenten für die Plätze zwei und drei.

Auch abseits des Bundesliga-Kaders ist die Entwicklung des ASV auch im schwierigen Corona-Jahr 2020 prächtig. „Wir haben regelmäßig 25, 30 Ringer im Training. Da stoßen wir schon an die Grenzen unserer Kapazität“, berichtet Schneider. Diese Sorgen nimmt er aber gerne in Kauf: „Das sind Luxusprobleme, die man als Trainer gerne hat. Wir sind für die Zukunft hervorragend aufgestellt. Und das wollen wir aufrechterhalten.“

Dazu benötigt der Verein die Bundesliga-Runde inklusive der Zuschauereinnahmen. Am heutigen Dienstag kann ab 18.30 Uhr ein Rest-Kontingent an Dauerkarten erworben werden. „Die Leute wollen unseren Sport sehen, das zeigt schon allein die große Ticket-Nachfrage“, weiß Sauer. Und keine Vorschrift kann die große Vorfreude bei ihm und seinen Vereinskollegen trüben.

Steckbrief ASV Urloffen

Verein (www.asvurloffen.de):
Vorstandsteam: Ralf Sauer, Tobias Schneider, Sven Kiefer
Geschäftsführer: Tommy Hertwig
Stellvertreterin: Mechthilde Späth
Sportausschuss: Michael Schneider
Pressewart: Rolf Schneider
Jugendleiter: Jürgen Stolz
Erfolge: Dritter bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften 1984/85, Teilnahme an den Finalkämpfen um die DM 2018
Saison 2019/2020: 5. Platz
Saisonziel 2020/2021: Platz 3 und Playoff-Teilnahme
Spielstätte: ASV-Athletenhalle

Der Kader:
57 kg Freistil: David Kiefer
57/61 kg gr.-röm.: Georgios Scarpello
61 kg Freistil: Nico Megerle
66 kg Freistil: Laszlo Simo
66/71 kg Freistil: Joshua Knosp
66/71 kg gr.-röm.: Van Meier
71 kg Freistil: Luca Megerle
75 kg Freistil: Stefan Käppeler
75 kg gr.-röm.: Domenik Chelo
80 kg Freistil: Daniel Fischer
80/86 kg Freistil: Marius Atofani
80/86 gr.-röm.: Florian Neumaier
86 kg Freistil: Andrej Schwarzkopf
98/130 Freistil: Wladimir Remel
98/130 kg gr.-röm.: David Stumpe

Hinweis: Aleksei Kinzhigaliev, Svilen Kostadinov, Adam Varga und Sebastian Jezierzanski gehören weiterhin zum Kader, stehen wegen geltender Einreisebeschränkungen aber nicht zur Verfügung.

Zugänge: Florian Neumaier (TuS Adelhausen), David Stumpe, ­Georgios Scarpello (beide KSV Gottmadingen)
Abgänge: Leo Kempf (KSV Appenweier)

Trainer: Michael Schneider (Cheftrainer), Harald Hertwig, Jürgen Schlegel, Sascha Wachter

Kampfplan

Bundesliga Südwest:
Vorrunde:
ASV Urloffen – KSV Köllerbach    Sa. 03.10./19.30
KV 03 Riegelsberg – ASV Urloffen    Sa. 10.10./19.30
ASV Urloffen – Reilingen-Hockenheim    Sa. 17.10./19.30
ASV Hüttigweiler – ASV Urloffen    Sa. 24.10./19.30
ASV Urloffen – RKG Freiburg 2000    Sa. 31.10./19.30

Rückrunde:
KSV Köllerbach – ASV Urloffen    Sa. 07.11./19.30
ASV Urloffen – KV 03 Riegelsberg    Sa. 14.11./19.30
Reilingen-Hockenheim – ASV Urloffen    Sa. 21.11./19.30
ASV Urloffen – ASV Hüttigweiler    Sa. 28.11./19.30
RKG Freiburg 2000 – ASV Urloffen    Sa. 05.12./19.30

Autor: Marcus Hug (https://www.bo.de)